Sonntag, 26. Februar 2012

Von Favoriten und anderen Enttäuschten ... eine Oscar-Voraussage

Man mag ja über das Für und Wider der Oscar-Verleihung streiten soviel man will, sich im Vorfeld jedoch die Favoriten anzusehen und sich dann auch noch (wie hier jetzt gerade) öffentlich festzulegen, macht schon Spass. Entweder man kann später damit prahlen, dass man richtig lag, oder man kriegt voll eins auf die zwölf. Naja, ich versuche es mal trotzdem.

Es ist ja in den meisten Jahren der Fall, dass die Academy bei ihren Nominierungen ein "Kopf-an-Kopf"-Rennen heraufbeschwört. Dass es sich dieses Jahr um zwei Filme handelt, die in ihrem Inhalt die Anfänge des Kinos, bzw. Films thematisieren mag ebenfalls eine wohl nicht ganz unabsichtliche Handlung der Academy gewesen sein, ist diese doch von jeher darum bemüht dem Glanz der alten Traumfabrik Rechnung zu tragen und im Notfall eher konservativ zu entscheiden. Und so wird es sich wohl auch erst während dieser Verleihung abzeichnen, in welche Richtung das Pendel ausschlagen wird ... "The Artist" oder "Hugo Cabret". Alle anderen können sich lediglich Aussenseiterchancen ausrechnen.

"The Descendants" von Alexander Payne ist wohl als solcher zu zählen. Galt er noch bis zu den Globes als heißer Anwärter auf eine Mitfavoritenrolle, so muss doch mittlerweile konstantiert werden, dass lediglich ein Goldjunge für das beste adaptierte Drehbuch herausspringen wird. Die Academy-Screenplay-Mitglieder lieben solche kleinen Independent-Filme und verleihen dementsprechend diesen Oscar gerne an Filme wie "Little Miss Sunshine", "Eternal Sunshine of a Spotless Mind" oder auch "Sideways" (ebenfalls von Alexander Payne).
Und auch George Clooney wird wohl wieder einmal leer ausgehen, so wie sein Buddy Brad Pitt, Demián Bichir und Gary Oldman. Großer Favorit dürfte Jean Dujardin sein, der für wahr eine wahnsinnig gute Performance liefert und seine Rolle mit allem spielt, was man zum Schauspielern hat. Seine physische Präsenz, die stummfilmtypischen Slapsticknummern und das wunderbar akzentuierte Minenspiel, in dem doch von jeher und stets die größten Dramen und Zerrissenheiten einer Figur aufblitzen. All das zeigt uns Dujardin als George Valentin und wäre somit ein würdiger Preisträger.
Bei den Damen gibt es augenscheinlich mit Meryl Streep als Margaret Tatcher ebenfalls eine haushohe Favoritin, jedoch wage ich einmal die Prognose, dass es auch durchaus Michelle Williams für ihre Verkörperung von Marilyn Monroe in "My Week with Marilyn" werden könnte, wobei für letztere der Nostalgiebonus, sowie die Weinstein-Brüder sprechen würden, die stets gute Lobbyarbeit innerhalb der Academy leisteten und sogar Gwyneth Paltrow für "Shakespeare in Love" einen Oscar bescherten. Die anderen Mitnominierten dürfen sich freuen, dass ihre Leistungen und Darbietungen von der Academy mit einer Einladung in die vordersten Reihen des Hollywood & Highland Center honoriert wurden, mehr jedoch ist nicht zu erwarten.
Bei den Nebenrollen werden sich wohl Christopher Plummer für seine Rolle in "Beginners" und Octavia Spencer in "The Help" über einen Oscar freuen dürfen.

Mit 11 Nominierungen geht "Hugo Cabret" zwar als Favorit ins Rennen, jedoch kam Scorseses Reminiszenz an die Anfänge des Films wohl nur aufgrund seiner technisch aufwändigeren Produktion zu dieser Rolle. "The Artist" besitzt im Gegensatz dazu doch bedeutend mehr künstlerische Stringenz und Genauigkeit.
Während sich "Hugo" in schlechten Dialogen und Motivationen der Figuren verrennt und unter der Last der seiner Effekte erstickt, ist Michel Hazanavicius eine schnörkellose Hommage an die Stummfilmzeit gelungen, die mit einer guten Story und dem handwerklich überraschend guten Umgang mit den Vorbildern zu überzeugen weiß.
So werden wohl die technischen Kategorien "visuelle Effekte", "Sound Mixing", "Sound Editing" und "Bester Schnitt" und "Beste Ausstattung" an "Hugo Cabret gehen.
Für "The Artist" würden es dann "Beste Kamera", "Beste Musik", "Beste Kostüme", sowie bereits oben geschrieben auch "Beste männliche Hauptrolle" werden. In der Kategorie "Bestes Originaldrehbuch" wäre als möglicher Mitfavorit wohl noch "Margin Call" genannt.

Wie es sich bei der Auszeichnung für die beiden Königskategorien "Beste Regie" und "Bester Film" verhält ist schwer vorauszusagen. Gerne splittet die Academy diese zwei Preise und vergibt an jeden der Favoriten einen. Dieses Jahr hoffe ich jedoch auf beide Preise für "The Artist" und zwar aus den folgenden Gründen:
Hat der Regisseur seine Vision des Stoffes an alle Beteiligten zu vermittlen und sie dafür zu begeistern und zu motivieren, so ist es doch vorallem die Arbeit mit den Schauspielern, die an erster Stelle kommt. genau hier liegt das große Problem von "Hugo Cabret". Es ist ein Film, in dem jede Rolle flach wirkt.
Ben Kingsley macht das, was er bereits seit Jahrzehnten spielt, eine Mischung aus Gandhi und Itzhak Stern. Das er auch anders kann hat er immer wieder bewiesen, warum er hier jedoch stets mit dem gleichen missmutigen Gesichtsausdruck umherläuft, bleibt ein Geheimnis der Herren Scorcese und Kingsley. Von den Kinderrollen ganz zu schwiegen, die komplett ohne Kontur auftreten und ständig unnachvollziehbare Sätze sagen müssen, die hölzern und platt klingen.
Ganz anders wiederum die Leistung von Jean Dujardin und Bérénice Bejo in "The Artist". Auch wenn der Stummfilm zum Overacting neigt, so ist es doch ein (an einigen Stellen) in diesem Fall benötigtes Stilmittel. Die Emotionen wirken so unmittelbar und direkt, dass es einen Staunen lässt. Nichts ist überflüssig an diesem Schauspiel, nichts zu übertrieben und vorallem ... man identifiziert sich mit den Figuren, man leidet und lacht mit und lässt sich gerne in diesen Film einsaugen, der doch so mit unseren Sehgewohnheiten bricht.
Darüber hinaus ist er in seiner handwerklichen Umsetzung auf den Punkt genau inszeniert und lässt eine klare Handschrift erkennen.
In diesem Sinne wäre es nur folgerichtig, wenn "The Artist" beide Preise erhalten würde.

Ob es jedoch überhaupt so kommt, wer weiß. Man kann ja aber einmal spekulieren, nicht wahr?!

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